Bundesverband für Energieberatung kritisiert Gasheizung-Politik und fordert realistische Wärmepumpen-Strategie

installatuer_mit_waermepumpe

Der Bundesverband für Energieberatende (GIH) übt deutliche Kritik an der jüngsten Kehrtwende des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), der sich verstärkt für den Einbau von Gasheizungen ausspricht. GIH-Chef Stefan Bolln bezeichnet die neue Haltung als nicht nachvollziehbar, da sie dem verbindlichen Ziel widerspreche, die CO₂-Emissionen bis 2040 um 90 Prozent zu senken, während gleichzeitig neue fossile Heizungen installiert werden, die jahrzehntelang betrieben würden.

Laut GIH sind vor allem Haushalte betroffen, die sich der steigenden Umweltkosten durch CO₂-Emissionen nicht bewusst sind. Viele Verbraucher seien aber offen für klimafreundliche Technologien. Dabei würden die Mehrkosten für moderne Systeme wie Wärmepumpen dank der Bundesförderungen für effiziente Gebäude (BEG) oft vollständig ausgeglichen. Bolln warnt vor einer falschen Sparrechnung: Anfangs eingesparte Kosten durch günstigere Gasheizungen würden über die Laufzeit durch höhere Energiekosten und CO₂-Preise vielfach kompensiert.

Der Verband begrüßt, dass künftig alle Effizienzmaßnahmen auf eine gesetzliche 65-Prozent-Erneuerbare-Vorgabe angerechnet werden und fordert eine Entkopplung von Gebäudeenergiegesetz und Wärmeplanungsgesetz, um in nicht wärmenetztauglichen Gebieten alternative Lösungen besser umsetzen zu können. Der GIH appelliert an Bundeswirtschaftsministerin Reiche, den eingeschlagenen Kurs hin zu nachhaltigen Heizungen beizubehalten und technologieoffene Förderungen mit einkommensabhängigen Komponenten zu gestalten, um soziale Gerechtigkeit und Akzeptanz zu gewährleisten.

Auf der anderen Seite meldet sich das Heizungshandwerk zu Wort: Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima betont zwar die Unterstützung für Klimaziele, hält das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in seiner aktuellen Form jedoch für zu restriktiv. Er fordert eine technologieoffene Energieträgerstrategie, die auch den Einbau hochmoderner Gas-Brennwertheizungen erlaubt – diese seien ein praktikabler Zwischenschritt zur CO₂-Reduktion, besonders in Bestandsgebäuden, wo der Wechsel zu Wärmepumpen oft technisch schwierig und teuer sei.

Der ZVSHK schlägt ein vereinfachtes Bewertungssystem für die CO₂-Emissionen von Heizungen und einen schrittweisen Ausbau der Erneuerbaren-Anteile vor. Er kritisiert zudem die unterschiedliche Behandlung von Privatpersonen und Versorgungsunternehmen in Sachen Erneuerbarenquoten und plädiert für mehr Realismus in der Wärmeplanung. Das Handwerk beobachtet, dass Wärmepumpen vor allem im Neubau akzeptiert werden, während der Gebäudebestand noch große Herausforderungen birgt.

Unabhängige Experten unterstützen ähnliche Forderungen: Sie empfehlen, das Gebäudeenergiegesetz so zu überarbeiten, dass echte Technologieoffenheit entsteht und die CO₂-Einsparung im Mittelpunkt steht. Maßnahmen wie Sanierungen, Heizungsoptimierungen und intelligente Steuerungen sollten gemeinsam auf das Emissionskonto angerechnet werden, um Verbrauchern flexiblere und wirtschaftlich sinnvolle Optionen zu bieten.

Fazit: Die Diskussion um Heizungstechnologien in Deutschland zeigt einen Zielkonflikt zwischen ambitionierten Klimazielen und praktischer Umsetzbarkeit. Es besteht Einigkeit, dass die Wärmewende im Gebäudesektor nur Schritt für Schritt gelingen kann – mit einer Kombination aus Förderung, pragmatischen Lösungen und unabhängiger Beratung, die langfristig Kosten und CO₂-Emissionen senkt.

Bild von Jan Witkovsky

Jan Witkovsky

Architect, M.Eng. in international Project Management 20+ yrs. general planning, project management and business development. Founding- and Leadership experience.